Stiftsmusik Stuttgart

... mit Ulrike Albrecht

Ulrike Albrecht, bei der Stiftsmusik zuständig für Text und Redaktion, im Gespräch mit Gabriele Zerweck

Liebe Ulrike, Du beschäftigst Dich ja gern und viel mit Texten – wieso?
Es macht mir einfach Spaß, zu formulieren, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen und sie anderen Leuten zu vermitteln. Leuten, die selber nicht die Zeit haben, sich in die Materie einzuarbeiten.

Kommt es für Dich dabei sehr auf den Inhalt an, also gibt es den Spaßfaktor nur bei Texten für Kunst und Kultur?
Bei mir sind es halt meistens kulturelle Themen, über die ich schreibe, denn das ist nun mal der Bereich, in dem ich mich besser auskennen sollte als viele andere Menschen (lacht). Aber ich bin durchaus offen für andere Inhalte oder auch Formate wie Interviews, Reportagen, ... Aber Musik ist schon mein Fachgebiet. Schließlich ist es das, was ich gelernt und studiert habe.

Was zeichnet für Dich einen gelungenen Text aus?
Puh, das sind ja richtig schwierige Fragen – ich dachte, das wird hier ein ganz lockeres Gespräch (lacht) ... Also: Ein Text ist für mich dann gelungen, wenn man ihn gerne liest und mit Gewinn. Wenn ich selbst einen Text lese, möchte ich ja etwas Neues erfahren oder zumindest aus einer neuen Perspektive oder pointiert formuliert gezeigt bekommen. Wenn das passt, ist der Text gelungen.

Du hast Germanistik und Musikwissenschaft studiert – wolltest Du schon immer Redakteurin werden?
Ursprünglich wollte ich zur Oper. Schon als ich ein Kind war, wollte ich Opernsängerin werden. Aber meine heißgeliebte Großtante – eine Italienerin – sagte, die Opernsängerinnen seien alle so dick, und da wollte ich dann doch keine Opernsängerin mehr werden (lacht). Als ich später mein Studium begonnen hatte, war tatsächlich wieder mein Ziel die Oper, jetzt als Dramaturgin, was ich nach dem Studium auch weiterverfolgt habe mit Hospitanzen an Opernhäusern in Stuttgart, Bonn und Bremen. Danach hat sich so schnell keine passende Stelle gefunden, und eher per Zufall bin ich dann bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen gelandet – zuerst als Volontärin in der Künstlerbetreuung, dann als Redakteurin. 14 Jahre war ich da ... und ich muss sagen, ich habe es nie bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben!  Das Texten und Redigieren aber auch das Konzipieren und Gestalten von Publikationen, all das gefällt mir ausgesprochen gut!

Hattest Du dir je überlegt, Kulturjournalistin zu werden? Die befassen sich ja genauso mit dem Schreiben über Kunst und Kultur? 
Hm, eigentlich weniger ... Ich glaube, ich fühle mich einfach auf der Veranstalterseite wohler. Ich arbeite lieber für ein Festival, für eine Konzertreihe oder eine Kulturinstitution als für eine Zeitung. Ich mag die Nähe zum Publikum! Für mich ist – wie gesagt – der Vermittlungsgedanke ganz entscheidend: Leuten Lust auf Kultur zu machen, Sie für eine Veranstaltung zu begeistern, das macht mir große Freude! Ich mache inzwischen ja auch Konzerteinführungen – vor allem bei den Meisterkonzerten vom Kulturkreis Göppingen –, was mir unglaublich Spaß macht! Da merkt man, wie wissbegierig die Leute sind. Das Schönste ist dann, wenn nach einem Konzert jemand zu mir kommt und sagt, dass er das Konzert durch meine Einführung noch mehr genießen konnte!

Du bist ja das »jüngste« Mitglied im Stiftsmusik-Team und läufst daher noch nicht Gefahr, »betriebsblind« zu sein. Was hat Dich denn am meisten an der Stiftmusik überrascht?
Ich habe mir – ehrlich gesagt – nie so klar gemacht, wie vielfältig und vor allem umfangreich die Aktivitäten der Stiftsmusik sind. Es sind ja immerhin rund 100 Konzerte im Jahr, davon etliche mit den eigenen Ensembles, da steckt eine Menge Arbeit dahinter!

Nun etwas Persönliches. Du hast kürzlich erzählt, Du bist in einem Literaturkreis – also schlägt Dein Herz nicht nur für die Musik, sondern auch für Literatur?
Ja, ich lese leidenschaftlich gern, auch wenn ich leider nicht mehr so viel dazu komme. Und ich tausche mich gerne über Bücher aus! Man sollte nicht verlernen, über das, was man liest und was mit einem beim Lesen passiert, auch zu sprechen. Man hat so viel mehr davon , wenn man das gelesene Buch nicht nur einfach nur wieder ins Regal stellt, sondern sich mit anderen Menschen darüber unterhält. Es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich Menschen lesen, was sie wahrnehmen, was ihnen wichtig ist und was nicht ...

Zurück zur Musik: Gibt es ein Werk oder ein bestimmtes Repertoire, dass Du am liebsten hörst?
Früher war ganz klar die Romantik meine Epoche, und da gab es auch nichts darüber. Alles zwischen Beethoven und Mahler oder Strauss (Vier letzte Lieder). Die Emotionen und das Pathos haben mich besonders angesprochen. Aber ich merke, dass sich das durchaus verändert im Lauf der Zeit. Mehr und mehr – vielleicht liegt’s auch am zunehmenden Alter? keine Ahnung – entdecke ich diese Gefühle auch in älterer Musik, vor allem bei Bach, wobei ich beispielsweise die »Matthäuspassion« schon immer geliebt habe, und deshalb gefällt sie mir auch immer besser. Aber letztlich schlägt mein Herz immer noch am meisten für die Romantik!

Wenn Du nicht so viel zum Lesen kommst, zu was kommst Du dann in Deiner Freizeit?
Ja ... (Pause, lacht) Freizeit ist, wenn man berufstätig ist und Familie hat (also bei mir Mann und Kind und Haus und Garten,) rar gesät. Ich versuche an den Wochenenden gemeinsam mit der Familie etwas zu unternehmen, wir gehen alle sehr gerne wandern, ein wenig Sport zu machen (gemäßigt), und möglichst viel Kultur zu erleben (ungebremst): Musik, Tanz, Schauspiel, Kino ...

Letzte Frage: wenn Du Dir Dein »Traumprojekt« für die Zukunft selbst kreieren könntest, wie würde das aussehen?
Mir gefällt es, eine Sache umfassend anzugehen, was so aussehen könnte, dass ich – am liebsten im Team – Konzerte plane und ein Musikvermittlungsprogramm gleich dazu. Alles natürlich begleitet von schönen Publikationen! Für mich wären dabei zwei Zielgruppen wichtig: Kinder und Jugendliche sowie Senioren. Die Jungen sind mir deshalb so wichtig, weil bei ihnen die Grundlagen für die Zukunft gelegt werden: Wie soll sich ein Mensch irgendwann im Erwachsenenalter dafür entscheiden, ins Klassik-Konzert zu gehen, wenn er nie kennengelernt hat, was und wie und wie schön das ist? Und die Senioren liegen mir am Herzen, weil viele von Ihnen Interesse und vor allem Zeit haben und diese Zeit gerne sinnvoll füllen möchten. Insofern fände ich ein solches »Rundumpaket« besonders reizvoll! 

Liebe Ulrike, vielen Dank für das Gespräch! 

Anmerkung der Interviewerin: Nach der ersten Frage lernte ich von Ulrike die App »Sprach-Memo« auf meinem iPhone einzusetzen, was mühsames Mitkritzeln erübrigte  ... Dieser für mich neuen Erfindung ist die etwas längere Länge des Gesprächs geschuldet.