... mit Jonas Dippon
Interview von 2024
Hallo Jonas, schön, dass Du da bist und willkommen im Team der Stiftsmusik!
Kannst Du uns zum Einstieg kurz erzählen, wo Du herkommst und wie Du zur Kirchenmusik gekommen bist?
Sehr gerne. Ich komme gebürtig schon aus Württemberg, allerdings aus dem Nordosten, also Hohenlohe, ich wurde in Crailsheim geboren. Mein Elternhaus ist der Kirchenmusik immer sehr zugewandt gewesen, allerdings eher auf Laienebene. Und ganz ehrlich; nach vielen Jahren des mehr oder minder erfolgreichen Klavierunterrichts hat man mir dann kurz nach der Konfirmation mitgeteilt, dass es ein gutes Taschengeld für Orgeldienste gibt. Und so entstand der erste Kontakt mit dem Instrument, was ich dann spätestens nach dem Abitur mit der Idee, entweder Medizin oder Kirchenmusik zu studieren, ein bisschen verselbstständigt hat. Und die Wahl fiel auf die Kirchenmusik. Zunächst verbrachte ich ein Jahr an der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen und dann später, ab 2019, studierte ich Kirchenmusik an der Hochschule für Musik Weimar.
Was sprach denn gegen das Medizinstudium?
Ertsmal wenig. Letztendlich hat sich dann aber die Leidenschaft für die Musik durchgesetzt.
Und was hast Du in Weimar alles gelernt, oder anders gefragt, warum zog es dich an genau diese Hochschule?
Ich glaube, dass ich so dermaßen positive Erinnerungen an meine Weimarer Studienzeit habe, hängt maßgeblich mit den Menschen zusammen, die ich dort kennenlernen durfte und dabei neben meinen lieben Kommilitonen nicht zuletzt an den von mir hochgeschätzten Professoren Martin Sturm (Orgel) und Jürgen Puschbeck (Chordirigieren). Ich habe 2019 Aufnahmeprüfungen in Stuttgart, Leipzig und Weimar gespielt und in Stuttgart auch bestanden. Dort wollte ich unbedingt hin, habe dann aber keinen Platz bekommen. In Weimar war damals noch nicht bekannt, wer zu diesem Zeitpunkt die Nachfolge von Professor Kapsner antritt, ich habe mich damals also ein bisschen ins Blaue rein beworben. Es kam dann Martin Sturm. Und das war schön! Mit ihm verbinde ich ein sehr gutes, fachlich wie vor allem menschlich, hervorragendes Studium, eine insgesamt sehr, sehr fundierte Ausbildung. Und mit Jürgen Puschbeck verbinde ich hauptsächlich die Zeit im Kammerchor der HfM Weimar, mit dem wir hier auch schon in Stuttgart in der Stunde der Kirchenmusik waren, am 23. Juni 2023. Als ganze Stadt ist Weimar durchweht von einem wunderbaren Charme und inspiriert einen an allen Ecken und wird deshalb immer einen Platz in meinem Herzen haben.
Hast Du dann auch im Kammerchor hier in der Stunde mitgesungen?
Ja, ich war seit meinem ersten Semester im Kammerchor im Tenor und ab meinem vierten Semester auch Stimmführer. Das war über zehn Semester jede Woche mein Donnerstagabend. In der Stunde in Stuttgart haben wir damals unter anderem Mendelssohns Psalm 22 gesungen und jetzt, zu meinem Einstieg als Assistent hier durfte ich gleich wieder Mendelssohn Psalmen, allerdings mit Orchester, singen.
Singst Du noch in anderen Chören?
Also seit dem ersten Oktober natürlich in der Stuttgarter Kantorei, selbstredend. Vorher war der Kammerchor der Hochschule Weimar wegen des zeitlichen Aufwands tatsächlich mein einziger Chor. Ich habe dann aber selber noch ein paar Chöre nebenher geleitet, einen Posaunenchor und einen Kirchenchor. So wie man es halt macht im Kirchenmusikstudium.
Und wieso kommst Du aus Weimar nun wieder zurück nach Baden-Württemberg und dann auch noch an die Stiftsmusik?
Nun ja, nachdem Weimar anfangs ja gar nicht beabsichtigt war - mich hat es ja von Anfang an eigentlich nach Stuttgart oder in den Südwesten gezogen - war klar, jetzt nach Studienende ist endlich die Gelegenheit, wahr zu machen, was auf lange Sicht geplant war. In diesem Sommer fand dann auch noch unsere Hochzeit statt und da meine Frau ebenfalls sehr heimatverbunden ist und am Feuersee einen Job bekommen hat, habe ich mich auf einen Praktikumsplatz beworben, den man ja in der württembergischen Landeskirche aus bekannten Gründen braucht. Also habe ich bei Kay Johannsen vorgespielt und es hat einfach gepasst. Seitdem bin ich hier.
Seitdem ist seit dem 1. Oktober, also seit gerade erst zwei Wochen. Wie geht es Dir hier bei uns im Team der Stiftsmusik?
Gut! Grundsätzlich erlebe ich hier natürlich erstmal viel Neues und teilweise ganz anderes, als das, was ich von meiner Studienzeit her gewohnt war. Auch in Weimar gibt es eine wirklich gute und hochkarätige Kirchenmusik an der dortigen Herderkirche unter Johannes Kleinjung. In Stuttgart ist die Stadt größer, die Kirche ist größer, die finanziellen Mittel und die personelle Ausstattung sind größer. Und die Dinge, die hier realisierbar sind und über das Jahr verteilt in Form von Konzertreihen und Veranstaltungen stattfinden, kannte ich in solchen Dimensionen noch nicht. Und das finde ich sehr spannend. Nachdem ich jetzt fünf Jahre lang durch eine gute Freundschaft mit dem Kantor der Stadtkirche in Weimar und dadurch auch in einer engen Kooperation das Musikleben dort kennen und lieben lernen durfte, kommt jetzt einfach mal etwas anderes. Ein sehr hochkarätiger Konzertbetrieb an einer Kirche!
Worauf freust Du Dich während Deiner musikalischen Assistenz besonders? Was willst Du lernen und was sind Deine Aufgaben hier?
Ich denke, ich werde mit meinen Aufgaben hier wachsen. Das spricht irgendwo für sich. Auf der einen Seite steht bei so einem Betrieb natürlich immer das, was an Organisation dahinter steckt. Dort verspreche ich mir Erfahrungen zu sammeln, die mir nach Möglichkeit für eine spätere eigene große Stelle zum Vorteil gereichen könnten. Und auf der anderen Seite verspreche ich mir, durch das Niveau, das hier vorherrscht und die Erwartungen, die damit einhergehen, meine eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Egal ob im gottesdienstlichen Orgelspiel oder im Leiten von Chören, was eben dazugehört. Und natürlich: Wenn man schon an so einer Stelle ist, wo regelmäßig Musiker:innen mit Rang und Namen einkehren, dann kann man auch genau diese Leute kennenlernen – Networking eben. Das finde ich sehr, sehr wichtig und es macht mir Spaß; ich bin ein geselliger Mensch. Nichtsdestotrotz ist mein Selbstverständnis als Kirchenmusiker, dass ich immer vorrangig im Dienst an der Gemeinde und der Gesellschaft wirke, egal in welcher Form.
Wie networkst Du?
Sobald ich das Gefühl habe, da ist die Möglichkeit, einen Kontakt zu knüpfen, gehe ich am liebsten persönlich auf die Leute zu und plaudere ein bisschen. Im direkten Gespräch mit Gastorganisten z.B. sammele ich gern Eindrücke, die mich selber am Instrument weiterbringen. Über die Musik hat man meistens auch direkt eine gemeinsame Kommunikationsbasis, was die Dinge erleichtert. Wenn´s passt, trinkt man zusammen ein Bier; ich finde, da führt man die besten Gespräche…
Was genau sind denn Deine organisatorischen und musikalischen Aufgaben?
Es ist spannend, dass diese Frage mir von der Stiftsmusik gestellt wird, weil ich an die Stiftsmusik seit zwei Wochen so ein bisschen die gleiche Frage habe (lacht). Ich bin jetzt am Anfang noch dabei, meine eigenen Aufgaben und einen eigenen Arbeitsrhythmus zu finden. Ich habe im Büro zu tun, ich koordiniere z.B. die Vorsingen für die Kantorei und für die Solist:innen, die mit Kay Johannsen musizieren möchten. Ebenso die Orgelmusik zum Weihnachtsmarkt, wobei das jetzt in diesem Jahr noch Clara Hahn übernommen hat, nächstes Jahr wird das dann meine Aufgabe sein. Ich spiele Gottesdienste, hier und da auch mal eine Mittagsmusik und Abendmahlsgottesdienste nach Bedarf. Dieses Jahr am Reformationstag spiele ich meinen ersten großen Gottesdienst in der Stiftskirche, da freue ich mich besonders drauf. Und ansonsten bin ich aktuell erstmal Mädchen für alles und versuche, egal in welchem Bereich, Erfahrungen zu sammeln und nützlich zu sein, wo es geht.
Du hast ja in diesem praktischen Jahr auch ein Assistentenkonzert. Gibt es da schon ein Datum und hast Du schon Pläne?
Ja, es gibt ein Datum, es wird mehr oder minder ein Abschiedskonzert für mich. Und zwar der 26. September 2025 zur Stunde der Kirchenmusik. Und nachdem ich bekennender Händel-Fan bin, möchte ich gerne das Dettinger Te Deum in Angriff nehmen, soweit mir das möglich ist. Vielleicht noch etwas vergleichbares dazu, mal schauen…
Wie stehst Du zur historischen Aufführungspraxis?
Es ist integraler Bestandteil im Studium in Weimar. Es ist, abgesehen vom Generalbass-Unterricht, kein abgegrenztes Fach, es gehört einfach dazu. Und dadurch, dass die Orgellandschaft in Ostdeutschland, speziell im Thüringer Raum, extrem durch historische Instrumente geprägt ist, hat man im Studium einen recht automatischen Zugang dazu.
Auf was freust Du Dich im nächsten Jahr besonders?
Ich freue mich einfach sehr auf all das, was ich im kommenden Jahr lernen kann. Ich bin ja noch ganz am Anfang und voller Tatendrang. Besonders gespannt bin ich auf die Stiftsmusik für alle. Da wurde mir von Leuten, die mitsingen, gesagt, das sei etwas sehr schönes, und sie würden sich alle darauf freuen. Und von allen, die mitmachen, wurde mir gesagt, es sei die „Bewährungsprobe“ für die musikalischen Assistent:innen. Entsprechend herrscht bei mir aktuell noch so ein bisschen eine Mischung aus Vorfreude und Respekt vor, aber das wird bestimmt ein Highlight in meinem Praktikumsjahr. Ansonsten hoffe ich, während dieses Jahres auch für mich selbst eine Perspektive in Form einer Stelle zu finden, das heißt, der ein oder andere Bewerbungsprozess um eine eigene Kirchenmusiker-Stelle wird sicher anstehen.