Stiftsmusik Stuttgart

Matthias Horn

Bass

1 Lieben Sie … Liebst Du Bach?
Also ganz ehrlich: Ich liebe meine Frau und meine beiden Töchter, den Herrn Bach kenne ich ja leider nicht, aber seine Musik bewundere ich sehr und bin glücklich darüber, sie immer wieder neu kennen zu lernen. Die Musik von Johann Sebastian Bach – der volle Name ist schon wichtig, denn der Familie Bach entstammen viele Musiker und Komponisten – ist so unverwechselbar kunstvoll, vielfarbig und auf einmalige Weise polyphon, dass das Hören oder Musizieren mich wie in einen anderen Zustand versetzen kann. Jeder Ton hat dort seine Bedeutung, jede Stimme ihr eigenes Gewicht. In jedem traurigen Klang kann sie trösten und jeder freudenvolle Ton scheint um das Leid zu wissen. Die Musik Bachs umfasst sowohl mathematisch erscheinende Ordnungsprinzipien als auch hoch emotionale Gefühlswelten. Sie ist geradezu perfekt.

2 Dein(e) Lieblingswerk(e) von Bach?
Das fällt schwer. Als Sänger stehen mir die Vokalwerke besonders nahe. Die »Matthäus-Passion« zu singen ist für mich immer ein persönliches Erlebnis, das Hören der Chorsätze der »h-Moll-Messe« auch. Oft staune ich über die Vielfältigkeit der musikalischen Ideen und die Schönheiten, die sich in den Kantaten offenbaren.

3 Wenn Du Bach begegnen könntest: Was würdest Du ihn fragen?
Zunächst würde ich wohl vor Ehrfurcht ganz stumm werden, aber wenn ich allen Mut zusammennähme, würde mich schon sehr interessieren, wie er seine Werke damals zu hören bekam und ob ihm gefallen könnte, wie wir das so musizieren und ob er damit leben könnte, wenn wir das ganz anders machen, als er es sich vorstellt.

Und was würdest Du ihm vorsingen?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich eines seiner Werke singen wollte. Das käme auf seine Antworten auf meine oben genannten Fragen an. Bach war ja ein kluger und Neuem gegenüber sicher aufgeschlossener Mensch, daher könnte ich mir auch vorstellen, ihm Musik unserer Tage zu singen.

5 Ist Bach eigentlich gut zur Stimme?
Er fordert die Stimme schon heraus. Er bedient sie nicht, damit sie sich in ihrem Glanze präsentieren kann, wie es andere Komponisten, gerade auch Opernkomponisten seiner Zeit, getan haben. Er fordert von der Stimme, dass sie sich in seine Musik einfügt. Dass sie sich der Aussage seiner Musik dienstbar macht.

6 Worin liegt die größte Herausforderung, Bach (gut) zu musizieren?
Neben allen technischen Voraussetzungen, die an das Musizieren gestellt werden, und stilistischen Merkmalen, die wir heute für die Aufführung barocker Musik wichtig erachten, kommt es für mich beim Musizieren der Bach’schen Musik darauf an, sich in das Gesamtkonzept von Theologie und Musik einzufügen. Ein heute kaum gebräuchlicher Begriff ist mir eine Hilfe: Demut.

7 In drei Worten: Wie dirigiert Kay Johannsen Bach?
Zunächst einmal möchte ich schreiben, dass Herr Johannsen sehr gut probt. Ohne genaues Proben und genaues Hören und Erarbeiten kann nichts gelingen. So wächst in den Tagen der Vorbereitung ein gemeinsames Bild und Verständnis des zu Erreichenden. Auf dieser Grundlage kann dann im Konzert noch etwas Neues hinzukommen. Ein Momentum, das sich nicht beschreiben lässt, aber das Zuhörern und Ausführenden als Erlebnis im Gedächtnis bleibt. Das Dirigat von Kay Johannsen bündelt die Energien, gibt ihnen seine Ideen und schafft Raum für diese Momenti.

8 Was singst Du, wenn Du von Bach¦vokal-Proben heimkommst?
Manchmal gehen mir besonders schöne Arien oder die oft groß angelegten Eingangschöre von Kantaten durch den Kopf. Manchmal denke ich darüber nach, was ich gerne besser gesungen hätte. Manchmal ist der Kopf leer und voll zugleich und braucht etwas ganz anderes.

9 Nach 7 Jahren Bach¦vokal: Hörst Du Bach mit anderen Ohren?
Ich bin froh darüber, neue Kantaten kennen zu lernen, die selten zu hören sind. Und sicher hat die intensive Arbeit im Rahmen dieses Projektes schon jetzt einen Fußabdruck in meinem Musizieren hinterlassen, den ich noch nicht benennen kann.

10 Debussy nannte Bach den »lieben Gott der Musik«. Hast Du andere Musikgötter neben ihm?
Ich fürchte, dass sich in meiner Musikgötterwelt neben Bach noch ein ganzer Olymp an Göttern versammelt. Jedes Kunstwerk entwickelt seine Größe in seiner Zeit und erlangt seine Bedeutung, wenn es über die Zeit hinaus zu weisen vermag. Ich möchte keinen Komponisten über einen anderen stellen. Nahe sind mir Franz Schubert und Gustav Mahler, aber auch viele Werke anderer Komponisten von der Renaissance bis zu Zeitgenossen wie Peter Eötvös, Georg Friedrich Hass und anderen.

 

Mehr über Matthias Horn erfahren Sie auf seiner persönlichen Webseite.

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